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1.            Wie stellen Sie für Ihre Wähler sicher, dass Sie für eine jahrelange, bei den klaren politischen Verhältnissen in Espelkamp eher machtlose Oppositionsarbeit, die notwendige Motivation und die richtige Kandidatin/der richtige Kandidat sind?

Ich teile die Prämisse nicht, dass es sich um machtlose Oppositionsarbeit handelt, wir haben als Bündnisgrüne in Espelkamp häufig konträr zu der Ratsmehrheit gestanden und konnten hier auch immer wieder deutliche Punkte setzten. Hierzu ein Beispiel um dies zu verdeutlichen:

Als Bündnisgrüne lehnen wir seit geraumer Zeit die vorgestellten Bebauungspläne der Verwaltung ab da es sich um ein hohes Maß an Flächenversiegelung handelt, dafür aber wenig Wohnraum geschaffen wird. Wir entwickeln nur sogenannte Schlafstädte mit kleinen Grundstücken. Das ganze führt auf lange Sicht zu Problemen, dazu unter einem anderen Punkt mehr.
Durch diese Ablehnung ist es dazu gekommen das auch Themen wie Ausgleichsflächen, ökologischer Grundstückswert, weitere Entwicklung usw. auf der Agenda standen und man sich bemüssigt sah Stellung zu beziehen. Das diese Themen dann nicht so bearbeitet werden wie ich das gerne möchte ist den Mehrheiten geschuldet, gehört halt auch zur Demokratie. Aber man kann Themen setzen und der gesellschaftliche Druck führt dann über Zeit zu Wandel und einem Umdenken.

Plötzlich reden wir wieder über unsere Bäume. Die Bürgerinnen Fragen bei jedem gefällten Baum nach ob das unbedingt sein muss. Das haben nicht wir Grüne oder ich alleine erzielt, das war und ist ein Prozess der durch Gesellschaft geprägt wird. Und es ist eine starke Veränderung. Eine Zeit lang schien es als könnte man einfach überall Bäume umhauen ohne Konsequenz. Das ist nicht mehr so und das ist auch gut so!

Das es mir häufig auch zu langsam geht stimmt wohl, aber politische Prozesse brauchen Zeit und die sollte man sich dann auch nehmen. Gerade weil die Welt immer schneller wird braucht es in Entscheidungen auch mal Zeit zum Diskutieren und Nachdenken.

Ich ertappe mich auch manchmal selbst dabei wie ich Zynisch werde oder sich an manchen Stellen Resignation breit macht aufgrund der Mehrheiten im Espelkamper Rat. Das hält mich aber nicht davon ab an einer Zukunft zu werkeln und diese Positiv nach vorne zu Bringen, es gibt so viele Dinge die man Positiv entwickeln kann! Wenn ich stillstehen wollen würde, könnte ich ja einfach zuschauen wie es aktuell so läuft. Das will und werde ich nicht!

Als Bürgermeister ist man Verwaltungschef und auch vom Stadtrat abhängig. Ohne andere Mehrheiten im Stadtrat kann auch ein Bürgermeister nicht völlig andere Wege gehen. Er gibt eine Richtung vor. Durch seine Person, durch sein Auftreten, durch seine Sprache, sein Verhalten kann er Einfluss nehmen. Das sollte man nicht unterschätzen weil natürlich somit auch andere Meinungen einziehen und andere Schwerpunkte gesetzt werden können. Man darf es aber auch nicht überschätzen, da vollkomme Macht zum Glück in unserer Demokratie nicht vorgesehen ist.

Die notwendige Motivation ist schon längst da und wird durch den Wandel verstärkt wenn wir wieder Visionen zulassen und diese als Gesellschaft gemeinsam entwickeln und formulieren. Solange wir weiter „auf Sicht“ fahren und in Legislaturen denken, werden wir vom „Tagesgeschäft“ erschlagen und bleiben darin stecken. Wir brauchen ein gemeinsames Ziel und müssen auch mal wieder Träumen und in die Tat umsetzen. Das sowas geht Zeigt Espelkamp ja auch an manchen Stellen.

Ob ich „der Richtige“ bin entscheiden am Ende die BürgerInnen in Espelkamp, meine Motivation ist:

Ich möchte echten Wandel und den Weg in die Zukunft mitgestalten. Und zwar so, dass wir aus dem denken „jeder ist sich selbst der nächste“ Rauskommen.

2.            Stellen Sie sich einmal vor: Ihre finanziellen Mittel wären unbegrenzt! Welche Vision von Ihrem Espelkamp würden Sie umsetzen? Wie sähe die Stadt aus, die sich klar positiv von den umliegenden Ortschaft abhebt, die weit über NRW hinaus einen ausgezeichneten Ruf verzeichnet. Für was konkret wäre dieses Espelkamp „draußen in der Welt“ bekannt?

Meine Vision für Espelkamp ist das wir 2035 eine Klimaneutrale Gemeinwohl-Ökonomie sind. Dazu müssen wir unser Infrastruktur umbauen, gesellschaftlich ein anderes Denken beginnen und an manchen Stellen komplett neue Wege gehen und alte Zöpfe abschneiden.

Das Betrifft natürlich viele verschiedene Bereiche aber vom Prinzip her erstmal alles was wir als öffentlich begreifen. Zum Beispiel Sporthallen, Schulgebäude, Straßen, Wege und Plätze. Aber auch Wiesen, Wälder, Heine, Seen usw.

Auch Private Infrastruktur muss sich wandeln, dies ist allerdings stark dem Individuum überlassen und muss durch Politik flankiert werden. Wir dürfen hier aber nicht Apolitisch werden und die 20.000te freiwillige Selbstverpflichtung einbringen, es braucht klare Regeln über Zeit damit Menschen die Möglichkeit haben sich darauf einzustellen. Es erfordert aber auch einen anderen Lebensstil der weniger von Konsum geprägt ist und den drei „R“ als Grundprinzip folgt: Reduzieren, Reparieren, Recyceln.

An ein paar Beispielen will ich versuchen zu erklären was ich meine, weil nicht alles einfach durch Geld gelöst wird. Gesellschaft und Stadt ist viel mehr als nur Geld und das sollte uns auch wieder bewusster werden.

Straßen und Wege:
Hier müssen wir zu Grundlegend anderen Planungsprinzipien kommen. Unsere Wege müssen von außen nach innen geplant werden: Zuerst kommen die Fußgänger, dann die Radfahrer, dann das Kfz. Dieses Planungsprinzip wird zum Beispiel in den Niederlanden, Kopenhagen und Co verwendet. Dadurch entwickelt sich der Modal Split, also die Aufteilung des Verkehrs, deutlich zu Gunsten von Fußgängern und Radfahrern. Es sinkt auch Signifikant der Fußabdruck der Mobilität.

Bei einer so geänderten Infrastruktur kann man seine Kinder bedenkenlos raus lassen. Weniger Autos bedeuten auch viel weniger Risiko für unsichere Teilnehmer am Verkehr. Es gibt in Holland Siedlungen in denen es keine Autos gibt. Kinder die aus diesen Siedlungen in eine Stadt klassischer Bauart kommen fragen: „warum macht Ihr so einen Quatsch, nirgendwo kann man sich frei bewegen?“

Mein Traum ist, dass meine Kinder sich frei bewegen können ohne Angst haben zu müssen, ohne dass ich Angst haben muss. Die Zukunft soll den Kindern ermöglichen Mobilität zu erleben und nicht Verkehr zu bestaunen.

Außerdem bedeuten weniger Autos auch mehr sozialen Kontakt im öffentlichen Raum. Einfach dadurch, dass wir nicht Ständig von Blech umgeben sind. Die Lautstärke sinkt, wir hören und sehen uns wieder. Wir nehmen unsere Umgebung wieder viel bewusster wahr, es riecht nicht überall nach Benzin.

Espelkamp soll hier das Kopenhagen Deutschlands werden, Münster als Fußgänger und Radfahrerfreundlichste Stadt ablösen und zeigen, dass es immer andere Wege gibt als den Ausgetretenen zu folgen.

Unter diesem Punkt sammeln sich dann aber noch viele andere Dinge, welche für diese Vision angepackt werden müssen. Wir müssen uns an das heißere Klima anpassen. Schatten im öffentlichen Raum Schafen usw etc.pp.

Öffentliche Gebäude / Raum
Wenn wir öffentliche Gebäude bauen sollten wir weitgehend auf nachwachsende Rohstoffe setzten. Sand und Kies zum Beispiel sind sehr endlicher Rohstoff die auch viele Umweltprobleme durch den Abbau verursachen. Natürlich kann ich keine 3-Fachsporthalle in Holzbauweise machen, aber Gebäude wie Kindergärten, Schulen und Co haben hier schon Potential. Es muss nicht immer alles Beton in Beton gebaut werden. Wir müssen eine andere Priorität setzten.

Fassaden und Dächer sollten begrünt werden um der Versieglung die Zwangsweise beim Bau entsteht etwas entgegenzuwirken. Auch müssen wir jede Fläche die sich dafür eignet wieder zu Naturnahem Raum entwickeln. Blumenwiesen allerorten anlegen, blanke Rasenflächen wieder zu echten Wiesen machen, Sträucher und Bäume pflanzen. öffentliche Gemüsegärten mit Permakultur anlegen usw.

Weil mir das gerade Auffällt, öffentlicher Raum ist erstmal immer ganz Espelkamp. Also explizit auch die Dörfer! Das hört sich sonst immer an als wenn ich nur über die Stadtmitte Spreche.

Viele weitere Wünsche habe ich auch: Ticketfreier ÖPNV, Begegnungsräume, alles einmal ökologisch durchsanieren, Lastenräder statt Bullis, Glasfaser überall, Umstellung auf OpenSource Software, die Stadt einmal mit ordentlichem WLan überziehen, digitale Bildung, Möglichkeiten der Individuellen Entfaltung schaffen (frei Nutzbare Räume und Flächen),  usw.

Ich möchte das hier aber auch nicht übertreiben. Wenn ich unbegrenztes Geld habe würde ich das nicht selbst entscheiden wollen, dafür haben wir eine Demokratie, damit Macht und Geld geteilt werden und nicht in einer Hand liegen.

Espelkamp soll, so wünsche ich mir das, weiterhin als Stadt im Grünen bekannt sein. Dieses Grün zu erhalten und neues zu schaffen ist für mich wichtiger als Slogans, von anderen bewundert zu werden oder bekannt zu sein. Ja man braucht eine gewisse Bekanntheit, aber dafür dann alles dicht zu Betonieren ist auch keine Lösung. Wir müssen nicht unendlich bekannt sein wenn wir unsere Sache einfach gut machen!