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Es ist März im schönen Ostwestfalen. Ich bin nun zwei Jahre im Stadtrat und in mir steigt leider an manchen Stellen der Zynismus und die Resignation, an anderen würde ich sagen hat man auch etwas erreicht. Aber an einigen Stellen freue ich mich auch über Entwicklungen.

Der Wahlkampf für die Kommunalwahl in NRW scheint begonnen zu haben. Zumindest wird viel in den Zeitungen dazu gedruckt. Bei manchem denke ich allerdings nur noch „Die 90er haben angerufen und wollen ihre Argumente zurück“.

Auch ich stelle mich zur Wahl. Erst habe ich mich der Wahl im Ortsverband, welche ich einstimmig für mich entscheiden konnte gestellt. Nun dann im September dem Votum der Bürgerinnen in Espelkamp. Hierzu wird es Presseartikel geben, die ich einfach Verlinken werde. Wenn mir was extrem wichtiges Fehlen sollte, kann ich das ja immer noch im Blog ergänzen. Daher will ich hier gar nicht groß darauf eingehen. Ich möchte hier einmal niederschreiben was seit meinen letzten Eintrag (Filet aus Beton und Asphalt) so passiert ist und an welchen Stellen ich aktuelle Entwicklungen aufgreifen möchte.

Zivilgesellschaft und Demonstration

Am 04. September 2019 hat die sogenannte AfD eine Veranstaltung in Espelkamp abgehalten. Man wollte über den Klimawandel „informieren“. Titel der Veranstaltung: „Deutschland im Klimawahn“. Über die Quatschveranstaltung des Vereins will ich hier gar nicht groß Schreiben. Sie Versuchen immer wieder in Espelkamp Fuß zu fassen mit entsprechend Quatschigen Themen und laden dazu einen Rechtsausleger nach dem nächsten ein.

Zusammen mit Hartmut Stickan (SPD), Peter Dürr (Unabhängige), Michael Peterson (Parteilos) Andreas Sültrup und mir (GRÜNE) haben wir sehr schnell eine Gegendemo / Veranstaltung organisiert. Mit dabei waren dann auch das Klimabündnis und Fridays for Future im Mühlenkreis, als Parteien aus Espelkamp die SPD, Unabhängige und B90/GRÜNE sowie verschiedene Privatpersonen. Es wurden Plakate aufgestellt und Flyer verteilt. Auf der Gegenveranstaltung waren dann mehr als 300 Personen die nicht nur ein klares Zeichen gegen die sogenannte AfD gesetzt haben, nein Sie haben auch gezeigt das Espelkamp eine Breite, lebendige Zivilgesellschaft hat, die nicht einfach zuschaut, wenn Rechte versuchen Fuß zu fassen und Märchen erzählen.

Für mich war das ein sehr positives Erlebnis, auch bei der letzten Demo war ich Mitveranstalter und werde, sofern es mir Möglich ist, auch immer wieder sein. Es ist für mich Persönlich ein wunderbares Zeichen das Espelkamp als Flüchtlingsstadt immer wieder aufsteht und friedlich Paroli bietet. Und ich möchte allen Danken die sich beteiligt haben, die Standhaft sind!

Wer nicht mit dabei war, weder bei der ersten Demo 2018 noch 2019, war die CDU Espelkamps. 2019 mit dem Argument „man wolle auf anderen Wegen über den Klimawandel aufklären“. Nunja, bis heute gab es keine Veranstaltung dazu, im Social Media komische Kacheln und im Stadtrat warme Worte. Anfang des Jahres folgte dann bedauerlicherweise der Rückzug aus Bunt statt Schwarz Weiß durch die CDU.

Das Motto von BSSW ist: „Espelkamp setzt mit den Aktionswochen BUNT STATT SCHWARZ-WEISS Zeichen für Weltoffenheit: Menschen verschiedenster Nationalitäten, Herkunftsländer, Hautfarben und Kulturen machen unsere Stadtgesellschaft bunt“. Die Reihe wurde immer durch viele Institutionen sowie die im Rat vertretenen Fraktionen getragen. Es ist eine einmalige Veranstaltungsreihe die weit über Espelkamp hinaus bekannt ist.
Nun ist es so, dass die CDU dieser Veranstaltungsreihe den Rücken kehrt, die Begründung ist wiedermal fadenscheinig.

Mir scheint es irgendwie als wolle die CDU in Espelkamp nach Rechts offen sein, um bitte keine Wähler zu verschrecken. Das finde ich schwer bedenklich denn am Ende müssen alle Demokraten gemeinsam gegen die immer weiter aufkommenden verschiedenen Formen des Menschenhasses in unserer Gesellschaft stehen. Gerade offene Formate, wie sie durch BSSW angeboten werden sind hier besonders wichtig. Leider wohl nicht für die CDU.

Haushaltsklausur: Oder gehont noch abschreckender?

Immer zum Ende des Jahres steht die Haushaltsklausur an. Das bedeutet es wird über einen Haushalt verhandelt und dieser dann in der letzten Ratssitzung des Jahres verabschiedet wird. Im städtischen Haushalt schreibt man grob gesagt nieder wofür man wann Geld ausgeben möchte. Vom Prinzip her ist dies eins der wichtigsten Themen des Jahres da über den Haushalt auch viel gesteuert werden kann.

Es bedeutet aber auch:

Extrem viel Lesen:
So ein Haushalt besteht aus nicht wenigen Seiten, vollgestopft mit Konten, Zahlen und Beschreibungen. Aufgrund der verfügbaren Zeit kann man sich eigentlich nur auf einen Bereich stürzen und versuchen diesen so Gründlich wie möglich zu überblicken. Dazu kommen die Änderungsanträge, jede Fraktion möchte schließlich bestimmte Projekte durchdrücken.

Viele Ausschüsse:
Da der Haushalt in allen Fachausschüssen besprochen wird kommen dann am Jahresende auch sehr viele Ausschüsse auf einen zu. Änderungen wollen besprochen werden, Themen für den kommenden Haushalt gesetzt. Diese Ausschüsse gehen dann gerne mal 3–4 Stunden im öffentlichen Teil, danach folgt dann der nichtöffentliche. Dazu kommt dann der normale Politische betrieb, es müssen ja auch Entscheidungen neben dem Haushalt getroffen werden.

Viele Sitzungen:
Um so einen Haushalt dann zu durchblicken lädt man sich den Kämmerer in seine Fraktion ein, hier berichtet er dann über den Haushalt. Den Stand der Haushaltsverhandlungen und wo er noch Einsparpotential sieht. Für diese Sitzung braucht man Natürlich vorher einen Fragenkatalog, der will erarbeitet werden. Ebenso kommen während des Gesprächs dann auch weitere Fragen, auf die sich aus dem Gespräch stellen.
Danach will man dann ja die Antworten nochmal intern Besprechen und es ergeben sich ggf. Rückfragen die wiederum in die Ausschüsse oder direkt zum Kämmerer fließen.

Am Ende hat man während der Haushaltsklausuren wenig Zeit für Familie und sonstige Aktivitäten da die vielen Ausschüsse, Sitzungen und Arbeitsstunden zu Hause einen im Endeffekt abkapseln. Dazu kommen für die meisten noch der reguläre Job und das normale Leben. Gerade die Zeit der Haushaltsklausuren finde ich persönlich sehr anstrengend. Klingt wie geheule auf hohem Niveau, aber am Ende machen wir das alle Ehrenamtlich, neben Freizeit, Familie und Beruf. Es gibt eine Aufwandsentschädigung, Ja, aber Geld kann halt keine Zeit ersetzen.

Wer keinem Beruf mehr nachgeht, hat es da am Ende deutlich einfacher. Ich denke, das ist auch ein Grund warum Kommunalparlamente sich nicht adäquat verjüngen. Die meisten haben gar keine Zeit oder werden von den da Sitzenden so weit abgeschreckt das es bei einmaligen Besuchen bleibt. Es gibt auch einen sozialen Ausschluss. Da sitzt Hauptsächlich weiße Mittelschicht, dem oben geschrieben Geschuldet. Dafür können wir erst mal nichts, aber es wäre unsere Aufgabe das Ganze weiter zu öffnen für Menschen die nicht unserer klassischen Welt entspringen.

Durch andere Zeiten, bessere Planbarkeit von Ausschüssen und Aufzeichnung der Ausschüsse als Podcast. Zeitfenster wären schon ein Gewinn, ich kann schlecht meiner Frau sagen: „So nu mach du mal mit den Kindern die nächsten 3–4 Stunden rum. Ich weiß nicht, wann ich wieder komme“. Für Frauen, Alleinerziehende bedeutet das im Endeffekt den kompletten Ausschluss aus Kommunalpolitik.

Hier bleibt viel zu tun, es gibt aber auch viele Möglichkeiten und ich denke, es wird am Ende für alle ein Gewinn sein, wenn unser Stadtrat bunt wie die Stadt wird.

Zu dem Thema hatte ich für die Grünen schon 2018 einen Antrag eingebracht den Haushalt auf offener Haushalt zu veröffentlichen. Mit der Umstellung auf eine neue Finanzsoftware soll das nun 2020 Möglich werden. Das dürfte zumindest die Lesbarkeit und Übersicht deutlich steigern.

Radwege, eine never ending story

Beim letzten Mal habe ich auch über Radwege geschrieben, ich will hier nur ein kurzes Update geben. Es hat sich nicht gebessert, es wird nur schlimmer. Das Radverkehrssicherheitskonzept ist eine Farce. Es beschreibt die rechtliche Situation und nicht mehr.

An verschiedenen Stellen der Stadt wird es noch schlechter werden. Bei 8,20 m Straßenbreite möchte man so zum Beispiel keinen eigenen Radweg Rechts und Links anlegen, ein bisschen Weiße Farbe und zwei Verkehrsinseln sind die Lösung. Die Einmündungen in die Straße sind auch eine Katastrophe, aber das war noch nie Thema…… Der Raum soll natürlich nicht neu aufgeteilt werden.

Der Bürgermeister meinte dazu „wir können ja nicht eine unserer Hauptverkehrsstraße zu einem Radweg umbauen“ – die Deviese lautet: Frischhaltefolie drum, kann alles so bleiben…….

Vor allem, weil dann noch kolportiert wird, von den Grünen kämen kein e Vorschläge. Die Grünen hatten mit Heiner Monheim, einen renommierten Experten eingeladen und eine Veranstaltung mit Ihm gemacht. Er sollte auch mit der Verwaltung reden. Wer wollte nicht? Die Verwaltung! Erst nach viel Hin und Her hat man sich bereit erklärt kurz mit Ihm zu reden.

Als Radfahrer hab auch ich immer wieder auf Gefahrenstellen hingewiesen, kann man natürlich auch nach dem Motto „Onkel Hotte erzählt wieder eine Geschichte“ einfach alles Ignorieren – ein Trauerspiel.